Mittwoch, 11. November 2015

Sonntag auf Savaii


Die erste Nacht in der Hütte ist überstanden. Es hat gestürmt und geregnet, aber dank Ohropax hat mich das nicht weiter irritiert. Mehr haben mich meine Knochen gestört, die durch die dünne Matratze hindurch ewig Kontakt zur harten Unterlage hatten.
Vor einem Tsunami habe ich mich gar nicht erst gefürchtet, das hätte mir dann nämlich auch nicht mehr geholfen.
Gegen halb 7 sieht es so aus, als käme die Sonne heraus. 





Eigentlich  ist dies hier ein guter Platz, um zu den ersten Menschen auf unserer Erde zu gehören, die die Sonne begrüßen dürfen.
Europa hat noch 12 Stunden vor sich, bis es dort soweit ist.
Es soll hier auch windstille Zeiten geben, da liegt man ohne Schutzmatten, die die Sicht rauben, aber eben auch vor Wind und Regen schützen in seiner Fale herum und schaut der Sonne beim Auftauchen aus dem Meer zu.
Das muss ein erhebender Anblick sein. 2x haben wie noch die Chance.
Die sanitären Anlagen sind benutzbar, aber nicht so ganz mein Fall.  Ich bin dann doch mehr für mein eigenes Badezimmer.  Heute erspare ich mir auch die morgendliche Dusche. Ich muss mich erst an die Umstände gewöhnen.
Frühstück gibt es eine Stunde früher als sonst, weil Sonntag ist, und da ist Kirchgang angesagt.
Buchteln mit Kokosmilchsoße gibt es, dazu Papaya, Kokosnuss, einen Brotaufstrich aus karamellisiertem braunen Zucker mit Kokosnuss , ein leckeres Weißbrot und Butter.  Bananen kann man sich von den großen Stauden abpflücken, die am Dachüberstand hängen.
Sittsam bekleidet soll man sein,  d.h. Frauen mit bedeckten Schultern und bedeckten Knien, Männer mit länger Hose und möglichst Hemd.  Es machen sich 8 von 12-en aus unserer Gruppe auf den Weg in die katholische Kirche.
Um 10 geht es los, aber bis halb 11 tut sich wenig. Zuerst beten die Menschen in Endlosschlange für uns unverständliche Worte vor sich hin. Dann spielt der Organist auf seinem Instrument und entlockt ihm schwankende Töne.
Nach und nach trudeln immer mehr Leute ein, bis knapp 100 zusammen sind. Junge Frauen, junge Männer, Omas mit Enkelkindern und kleine Jungs. Die Kinder zappeln herum, und man läßt sie gewähren, bis es der einen oder anderen Oma zu viel wird. Dann patscht sie mit der flachen Hand einfach drauf oder schlägt mit einem Frottiertuch, wie nach  einer lästigen Fliege.
Alle sind ordentlich gekleidet. Es herrscht Weiß vor, sowohl bei Männerröcken als auch Frauengewändern. Viele Frauen schmücken ihr Haar mit einer echten oder meist prachtvollen falschen Blume.




Ziemlich zum Schluß wankt ein mächtig fülliger Herr durch das Kirchenportal, mit braunem Rock, schwarzen Socken in großen schwarzen Schuhen und blauem Jackett. Er scheint so etwas wie ein Stammesoberhaupt zu sein, seinem Auftreten, seiner Kleidung  und seiner wichtigen Miene nach zu urteilen. Er betet und fächert viel, es ist schwül in der Kirche trotz offener Fensterklappen. Da schwitzen nicht nur seine Massen.
Um halb 11 tritt dann Herr Pfarrer auf den Plan, vorneweg 7 Ministranten, wovon der erste ein girlandengeschmücktes  Kreuz trägt.



Er läßt sich auf seinem thronähnlichen Sessel nieder, betrachtet seine Schäfchen und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Er übertrifft den oben beschriebenen ersteren massigen Herrn noch deutlich,  hat echte Vorzeigemasse hierzulande.
Der Ablauf des Gottesdienstes ist wie bei uns. Es wird fröhlich gesungen und gebetet. 6 Jungfrauen in Weiß schleppen diverse Utensilien heran, die für das Abendmahl gebraucht werden und schmücken den Altar mit einem langen Blütenkranz.




Das Abendmahl ist ruckzuck ausgeteilt. Die Gläubigen bekommen eine Oblate, den Wein oder Traubensaft gibt es nur für den Pfarrer. Eigentlich wollte ich nicht nach vorne gehen, aber ein junger Mann in meiner Reihe hat mich so herzlich animiert, dass ich ihm keine Enttäuschung bereiten wollte. Und der Pfarrer hat sich sicher auch gefreut, dass 3 ausländische Schäfchen zum Abendmahl kamen. Da ich ihm nicht erzählt habe, dass ich evangelisch bin, war er auch nicht in Gewissensnöten.
Im Verlauf seines Gottesdienstes hat er unser Grüppchen 3x  auf englisch angesprochen, uns begrüßt, gedankt und  alles Gute gewünscht und uns dann noch zum Sonntagsessen ins Gemeindehaus eingeladen.
Nach seiner Predigt hat er noch extra einen Einschub für uns gemacht und erzählt, dass er über Bescheidenheit und Ehrlichkeit im Kleinen wie im Großen gepredigt  habe.
Seine Predigt war sehr lebendig, gestenreich und mit viel Empathie vorgetragen. 
Im Stehen hat er es gerade noch geschafft, seine Hände über seinem Leib zu verschränken, aber 
trotz seiner ungeheuren Umfänge wirkte er flink in seinen Bewegungen, anders beim Rein- und Rausgehen. Da kam er mir eher wie eine wankendes Schiff vor.
Vor der Kirche bekommen wir noch einmal liebevolle Dankesworte zu hören und reichlich Händedruck.

 
 
Es ist mittlerweile halb 11 geworden, und wie von unserer Chefin des Hauses angekündigt, wollen wir jetzt eine Ruhepause einlegen und schauen. Das ist nämlich das Sonntagsprogramm auf Samoa:
Essen, Ruhen, Kirchgang, Schauen, Essen, Ruhen, Schauen, Essen, Schlafen.
Die Einheimischen legen teilweise noch 2 Kirchgänge dazwischen.
Aber mit Ruhen und Schauen wird es nichts, das Lunch gibt es schon um 11 Uhr.
Im Erdofen garten bereits seit morgens Yams, Spanferkel, Taroblätter mit Kokosnuss. Große Fische wurden frittiert und es gibt Tintenfischsalat. 
Aber wo soll ich das alles hin essen?
Ich bin noch vom Frühstück voll.
Dann lege ich meine Ruhepause nach dem Essen ein, damit ich später ins Meer gehen kann.
Einer unserer Haus- und Hofhunde hat sich derweilen eine Kuhle gebuddelt.




Da ich den Eindruck habe, mein Husten bessert sich, gehe ich 2x eine Runde  zum Schnorcheln . Es ist schwer, etwas zu sehen. Über eine große Strecke mischen sich Süß- und Salzwasser, was zu Sichtproblemen führt, es kommt zu einer Art Schlierenbildung im Wasser.
Es gibt hier irgendwelche Süßwasserblasen, die im Bereich der Uferzone auftreten.
Ansonsten erscheint mir das Riff nicht ganz so tot wie das vor Mala Island. Man sieht viele kleine Fische, viele Seegurken, weniger Seesterne, dafür aber sogenannte Dornenkronen, eine Art vielarmiger Seestern mit roten oder dunkelbraunen Stacheln.
Dornenkronen-Seesterne haben mehr als 20 Armen fressen die Korallenriffe kahl, sind zwar nett anzuschauen, aber eine gefährliche Plage. Beim Berühren ihrer giftigen Stacheln können sie selbst beim Menschen Lähmungen und starke Schmerzen hervorrufen. Auch die Erderwärmung soll für ihre explosionsartige Vermehrung mit verantwortlich sein.






Das Fotografieren unter Wasser bringt nicht viele Erfolgserlebnisse, aber nette Erinnerungen...




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