Mittwoch, 11. November 2015

Fijidorf und Kavazeremonie


Schon vor dem Frühstück stürzen sie die Unermüdlichen in die Fluten. Es ist etwas frischer als sonst, und die Sonne kann sich noch nicht so recht entscheiden.
Trotzdem ist auch dies ein lohnender Gang gewesen. Als erstes begegne ich einem Stachelrochen, der elegant knapp über dem Meeresboden vorwärts zu schweben scheint.

Und immer wieder entdecke ich etwas Neues und Faszinierendes unter Wasser.

Noch dem Frühstück soll es mit der Chefin unserer Anlage losgehen zum traditionellen Fijidorf.
Der Motor des Bootes streikt zunächst, besinnt sich dann doch eines anderen.
Im Dorf müssen wir uns an herrschende Vorschriften halten.
Männer müssen einen Sarong tragen, bei Frauen müssen die Knie und Schultern bedeckt sein. Anna hilft den Männern, damit ihre Tücher ordentlich geknotet sind.
Die traditionellen Häuser sind mit Stroh gedeckt und die Wände ebenfalls aus festem Gras. Das Dach muß in kurzen Abständen neu gedeckt werden, weswegen in den neuen Häusern Wellblech bevorzugt wird. Diese Häuser mit festen Wänden überstehen auch 10 Jahre, aber in der größten Hitze sei es darin nicht auszuhalten, weswegen sich die Alten ihre traditionellen Hütten bauen lassen und lieber darin leben.


Wenn es unerträglich heiß ist, kann jedermann im Dorf auch in das erhöht liegende Versammlungshaus des  Clanchefs gehen und dort auf seiner mitgebrachten Strohmatte schlafen.
5 von 6 Türen stehen Tag und Nacht offen.
Nach einem kurzen Rundgang landen wir in eben diesem Gemeinschaftshaus.


Wir setzen uns auf die Bastmattenfransen und erfahren, dass der Stammesälteste 29 Jahre in Kanada gelebt habe und man ihn dann zurückbeordert hätte, da die Vakanz der Häuptlingsposition nunmehr über 20 Jahre gedauert habe und es an der Zeit gewesen sei, einen neuen Häuptling zu wählen. Der Chief habe dann sofort seine Verantwortung für den Stamm ernst genommen und seitdem auch Fiji nicht wieder verlassen.


Die Insignien seiner Inthronisation sind grausam. Neben einem Hut, Kamm und Walfischzahn  gibt es eine große hölzerne Gabel. Solche Gabeln wurden früher zum Zerteilen von Menschenfleisch benötigt. Vor etwa 100 Jahren sei der letzte Missionar verspeist worden.
Bei einer Amtseinführung muss absolute Ruhe herrschen. Die Kinder werden in die Schule verbannt, die Hunde weit weg angebunden. Keiner darf einen Mucks von sich geben oder herumzappeln. Bei der letzen Feierlichkeit hätten Eltern ihren etwas behinderten Sohn im Haus vermutet. Dieser kam jedoch herausgesprungen, lärmte und störte. Er bekam dann schnell einen schweren Schlag in die Beine, sodass er zusammenbrach und wurde er fix von anderen weggeschleppt.
Die Männer des Stammes sind zur Feier des Tages völlig  schwarz angemalt. Neben dem Chief sitzt sein Sprecher.
Erst nach der Inthronisation spricht der Herrscher direkt zum Volk, davor läuft jegliche Kommunikation nur  über den Sprecher.
Die Herrschaft im Stamm scheint in der Familie zu bleiben. Es findet sich letztendlich immer ein Cousin der Tante vom vorletzten Onkel, der einen Posten einnehmen kann, bevor etwas an einen anderen Stamm übergehen würde.
Unsere Lodge sei Eigentum des Stammes und seit etwa 7 Jahren trage sie sich selbst. Zuvor hatte man sich zum Aufbau des Ganzen Geld aus dem ganzen Stamm zusammengeliehen.
Kinder, die nicht so gut in der Schule seien, dass sie weiterführende Schulen besuchen können, bekommen als erste einen Ausbildungsplatz in der Lodge, damit sie arbeiten lernen. Am Ende der Ausbildung seien sie dann meist so weit, dass sie in anderen Resorts arbeiten könnten und dort auch gerne genommen würden.
Im Gemeinschaftshaus sind 5 Türen. 4 davon können regulär benutzt werden, die fünfte ist ausschließlich dem Stammeschef vorbehalten. Auf dem Foto ist es die rosa angestrichene einzelne Tür hinter den Zeremonialgegenständen der letzten Amtseinführung. Alles, was mit der weißen Muschel gekennzeichnet ist, gehört dem Clanchef.
Wenn er stirbt und ein neuer wird gewählt, dann werden die jetzt vorhandenen Insignien entfernt, und die neuen werden angebracht.


Rechts steht die traditionelle Kavaschale, die jeden Abend zum Einsatz kommt.


An den Deckenbalken hängen die Utensilien der letzten Wahl zum Oberhaupt der Stammesgemeinschaft.

der Kamm
die Gabel
handgeflochtene Matten an den Wänden

Es gibt noch viele andere Regeln. Kein Hut oder Kappe auf im Dorf!   Eigentlich muß auch die Sonnenbrille ab, wir durften sie aber auflassen.
Betreten darf man ein Dorf schon mal gar nicht, wenn man nicht eingeladen ist oder von jemandem wie unserer Lodgechefin, die offenbar zu den oberen Kreisen des Clans gehört, mitgenommen wird. Der Zugang und Verlassen des Dorfes ist uns nur über einen bestimmten Weg gestattet.
Es darf keine zu kurze Kleidung getragen werden, insbesondere sollen die Damen sich schicklich kleiden, aber auch die Männer kriegen ein Tuch um die Hüften gebunden.
Im Stamm gibt es diverse Religionsgemeinschaften. Man stelle sich das nur mal vor. 50 Leute in einem Dorf, und die Missionare dieser Gruppen schämen sich nicht, da noch großartig Werbung für ihr spezielles Grüppchen dazu machen. Ganze Familien werden so gespalten. Selbst eine riesige Methodistenkirche hätte dieses insgesamt ärmlich wirkende Dorf mit eigenen Mitteln finanziert. Wo bleiben denn die großzügigen Spenden von den Mutterkirchen??? 
Eine andere, massiv gebaute Kirche soll 250 Jahre alt sein. Die Wände sind aus Korallengestein gemacht. Zum Jubiläum habe es eine große prachtvolle Feier gegeben.

die alte Steinkirche

mit modernem Wellblech gedeckt

Nahe bei der Kirche steht die Dorftrommel.Trommeln sind  uns öfters begegnet. In den Hotels kündigt sie die Mahlzeiten an, im Dorf die Mittagszeit. Pünktlich um 12 wird getrommelt.

die traditionelle Trommel darf nirgends fehlen



Zum Abschluss des Rundganges durch das Dorf begeben wir uns unter das Vordach des Gemeinschaftshauses, wo einige  ältere Frauen Souvenirs verkaufen.
Dann müssen wir auch schon zum Meer, um unser Boot zu besteigen. Unsere "Führerin" drängt zur Eile.





Die Eltern unserer Führerin sind in der Clanhirarchie ebenfalls irgendwo hoch oben angesiedelt. Sie leben trotzdem genauso einfach wie alle anderen.


das Gemeinschaftshaus

offizielle Brücke, die ins Dorf führt

eine Art Dorfbegrenzungspfahl

der Weg zum Meer

Pause am Meer

Zähneputzen ist nach dem Mittagessen angesagt

Nun geht es zum Boot zurück, und geschwind schaukeln wir dem Mittagessen entgegen.
Eine kurze Runde Schnorcheln ist am Nachmittag noch drin, dann bereiten wir uns auf die Kava- Zeremonie und das Abendbrot vor.

Nachdem ich ja meine Kamera schon schlecht geredet habe, habe ich endlich das Unterwasserprogramm eingestellt  und siehe da,  ein wenig mehr Farbe bringt sie schon. Allerdings hätte das natürlich bei völlig kaputtem Riff und fehlenden Fischen auch keine Wunder bewirken können.
Als erstes begegnen mir zwei Stachelrochen, dann wird es bunter.
Schade, dass ich diese faszinierende Unterwasserwelt nur noch morgen bestaunen kann.











Nun geht es langsam zum Abendprogramm, wie jeden Abend, eine Kavazeremonie mit Musik. Diesmal werden wir mit einbezogen.

romantischer geht es kaum

Mit viel Gesang und Begleitmusik machen die Einheimischen zunächst ihre eigene Kavazeremonie.
Ohne den Clanchef, hier im Bild, läuft gar nichts. Er trägt einen mächtigen Leib vor sich her und hat die lauteste Stimme.






Dann sind wir dran.
Wir nehmen alle auf einer Bastmatte auf dem Boden Platz und verdrehen unsere Beine möglichst nach hinten, bedecken unsere Knie und sind allesamt schicklich gekleidet.
Eine bestimmte Wurzel -die Kavawurzel- wird pulverisiert und kommt dann in eine Art Sack aus Stoff oder feinem Kokosfasergeflecht. Dieses Pulver wird dann im Sack in der Kavaschüssel mit Wasser immer wieder durchgeknetet. Am Schluß wird der Beutel herausgenommen und zurück bleibt eine etwas milchig- bräunliche Flüssigkeit. Diese wird dann in halben Kokosnußschalen abgefüllt immer wieder hin- und hergereicht zwischen dem, der geknetet hat und ausschenkt und dem, der mit dem Genießen dran ist. Bevor man die Schale annimmt, muß man in die Hände klatschen, dann wird mit die Schale mit beiden Händen genommen und man soll austrinken. Danach spricht man "vinaka"!  Danke! , gibt die Schale zurück und klatscht 3x kräftig in die Hände.
Es schmeckt so ähnlich wie aufgelöste Tonerde, und man bekommt danach ein minimal betäubendes Gefühl im Mund, irgendwie antiseptisch anmutend.
Die Menschen auf Fiji würden im Kreise ihrer Lieben dieses Gebräu jeden Abend genießen. Es sei eben  dasselbe wie bei uns das Bierchen zur Nacht.
Alkohol sei nicht enthalten, trotzdem gebe es einen Gewöhnungseffekt, und man müsse es eben jeden Abend haben.
Früher dürften die Menschen erst ab dem 25. Lebensjahr teilnehmen. Diese Altersgrenze gebe es aber nicht mehr.



Nach der Zeremonie singen sie mit uns ein Lied, und wir müssen 3 Strophen schaffen.  Warum sie sich dabei offenbar über uns kaputt lachen, haben wir nicht herausgefunden.
Dann sollen wir singen, aber ganz so tüchtig sind wir im Allgemeinen ja nicht mit den Darbietungen unserer deutschen Liederkunst. Ein paar kriegen wir zusammen, wiederum sehr zur Freude der Einheimischen. Vielleicht sollte ich demnächst nur noch mit kleiner deutscher Liederfibel verreisen.


Der Chef hat sich mittlerweile umgezogen und das Musikprogramm wird in großer Runde fortgesetzt.


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