Mit
dem großen neuen Hyundai Genesis des Schwiegersohnes werden wir durch
Seoul, die Vororte und durchs Umland kutschiert. Man bemerkt eigentlich
nicht, dass man Seoul verlassen hat. Das Stadtbild ist immer ähnlich. Hochhäuser, breite Strassen , Brücken. Wir: das sind der Papa, den
ich in Krakau kennengelernt habe, seine Tochter und der Schwiegersohn.
Nach
etwa 90- minütiger Fahrt treffen wir in einem Lokal ein, wo offenbar ein
Tisch vorbestellt ist. Ich werde gefragt, ob ich auf einem Stuhl oder
auf dem Boden sitzen möchte. In Anbetracht meiner Knochen habe ich auf
das traditionelle Sitzen verzichtet.
Wir sitzen noch
nicht richtig, da geht es auch schon los mit den vielen Gängen. Ich habe
vergessen , zu zählen, wie oft neue Schüsselchen angeschleppt wurden.
Begonnen wird mit einer sehr leckeren dunkelgrauen Sesamsuppe ( winzige Menge in cremiger Konsistenz, sehr lecker !).
Danach
kommt so alles auf den Tisch, was die koreanische Küche zu bieten hat.
Man kann wohl fast aus jedem Bestandteil ein ganzes Essen bereiten, dies
war aber ein Überblick über das ganze Spektrum.
Es gibt
mehrere Sorten von rohem Fisch, Qualle, Krake, gebratene Fischsorten,
Rindfleisch, Schweinefleisch, diverse Gemüsesorten, Salat, Glasnudeln,
Algen und so weiter.
Ich kann das Essen gar nicht
genug loben, und die Familie ist glücklich, dass ich alles esse
und nicht herumstochere, wie es neulich andere ausländische Freunde
getan hätten, die lieber bei ihrer heimischen Küche geblieben wären.
Ganz zum Schluss gibt es Reis in traditionellen Töpfchen mit Holzdeckel.
Sobald man eine ordentliche Portion genommen hat, wird aus einer silbrigen Kanne heißes Wasser in den Topf gegossen, damit sich der restliche Reis von den Wänden und vom Boden löst. Dieser wird, nachdem man sein Reisschälchen geleert hat, abgeschabt und das Ganze wird mit einer Kelle dann wieder ins individuelle Reisschüsselchen gefüllt und ausgelöffelt. Seinen Ursprung hat diese Zeremonie wohl in Zeiten, in denen kein Reiskorn verschwendet werden sollte, das im Topf zurückbleiben könnte.
Zum
Nachtisch gibt es ein ganz kleines bisschen was zum Löffeln. Es ähnelt
in Farbe und Geschmack einer nicht fest gewordenen roten Götterspeise, schmeckt aber nicht nach künstlicher Farbe .
Zum Essen gibt es das normale Wasser, was immer auf dem Tisch erscheint, sobald man sitzt.
Der
Mund ist noch nicht ganz abgewischt, da wird schon aufgestanden und
Papa bezahlt. Im Gang vor der Tür kann man sich dann einen kleinen
Kaffee im Pappbecher aus einem Automaten gratis ziehen.
Nun fahren wir auf kurzem Weg zum Korean Folk Village, das in etwa einem großen Freilichtmuseum bei uns entspricht.
Der Papa hat an seine Kamera ein Stativ montiert, und ich glaube, ich bin noch nie im Leben so oft fotografiert worden, wie an diesem Tag. Er ist ein sehr humorvoller Mann, der auch optimale schauspielerische Qualitäten aufweist. So gibt er wirklich sein Bestes, als er seinem Kopf in ein Folterinstrument legt. Natürlich müssen seine Tochter und ich auch dran glauben..
Ich bin positiv überrascht, wie groß die
Anlage ist. Man könnte sicher den ganzen Tag hier zubringen und hat noch
immer nicht alles gesehen.
Man hat viele alte Häuser
zusammengetragen, wieder aufgebaut, und diverse Handwerker führen ihre
Handwerkskunst vor. Auf dem Foto oben sieht man alte Kimchitöpfe. Sie
erinnern mich ein ganz klein wenig an die Steinguttöpfe, in denen meine
Grossmutter Sauerkraut einlegte.
Eine traditionelle Hochzeitsfeier wird gezeigt.
Die Wege sind breit, die Anlage weitläufig. In kleinen
Teehäuschen haben sich Familien zum Picknick niedergelassen oder halten
Mittagsschlaf.
Mittlerweile ist es 18 Uhr. Nun wartet die Mama mit dem Essen. Wir fahren etwa 40 Minuten, sind dann im Südosten, außerhalb von Seoul.
Wir
biegen um ein paar Ecken in Guangju, und schon sind wir umzingelt von
etwa 30- stöckigen Höchhäusern. Wir brauchen aber keinen Fahrstuhl, denn
die Familie hat eine große 5 Zimmerwohnung im Hochparterre.
Die Begrüßung ist sehr herzlich, auch die 2. Tochter mit Ehemann ist da, und es dauert nicht lange, da essen wir wieder.
Vorher
hat der Papa noch ein Ständchen auf der Gitarre gegeben, und die
restlichen Familienmitglieder huschen zwischen Küche und Tisch hin und
her.
Nun gibt es noch ein kleines Drama .
Im
Aquarium hatte es neulich Junge gegeben. Alle, bis auf eins, waren
von den größeren Fischen gefressen worden. Dieser letzte Überlebende hatte sich nun
hinter dem Belüftungsschlauch eingeklemmt und war gestorben. Der Papa
war ein paar Minuten lang echt erschüttert. Dann geht aber alles
wieder seinen Gang.
Das Essen sei nicht so üppig wie
sonst üblich bei Gästen, hat man sich entschuldigt, weil wir ja schon
so große Mengen verspeist hätten. Stimmt, darüber war ich sehr froh ! Es ist aber
natürlich immer noch reichlich ! Von Reis bis Sesamsuppe, Algen,
eingelegten Köstlichkeiten ist eigentlich alles dabei .
Auch
hier geht es mit dem Essen flott voran. Zuerst der Reis mit Algen,
Nudeln und einer speziellen Würzsosse, die man löffelchenweise darüber
geben soll, und dann wird heftigst mit den Stäbchen gegraben, d.h. immer
wieder umgerührt und nachgelöffelt.
Am Schluss
gibt es superdicke, leckere Weintrauben und ein allgemeines Erstaunen
darüber, dass ich sowohl die Schale, als auch die Kerne mitesse. Mein
Hinweis auf die gesunden Inhaltsstoffe gerade der roten Trauben unter
und in der Schale hat beim einen Schwiegersohn ein sofortiges Umdenken
und Handeln bewirkt.
Nach dem Essen wird
aufgesprungen, und ich werde auf einem Stuhl in der Ecke abgestellt, als
Zuschauer. Das Wohnzimmer wird umgeräumt. Die Couch muss in eine andere
Ecke, weil das Klavier mit vereinten Kräften aus einem der Zimmer
angerollt wird.
Nachdem alle einigermaßen zufrieden mit dem Ergebnis sind, geht es zum gemütlichen Teil über.
Die Mutter ist mit der einen Tochter, die als Tänzerin für traditionellen Tanz arbeitet, in der Küche. Sie bewegen das Geschirr.
Die
andere Tochter setzt sich ans Klavier und legt los. Auch sie hat eine
künstlerische Ader und hat ein Kinderbuch illustriert, wozu die Mutter
den Text geschrieben hat.
Der junge Ehemann und der Vater
gesellen sich mit 2 Gitarren dazu, und nun lässt sich auch der 2.
Schwiegersohn nicht lumpen. Sie singen und spielen Kirchenlieder und
Anderes. Dabei haben sie einen riesigen Spass, und es ist eine echte
Freude, dabei zu sein. So eine harmonisch miteinander umgehende,
sympathische Familie habe ich lange nicht getroffen.
Papa spielt wohl am liebsten Mundharmonika, hat aber sich vom Schwiegersohn sich nun auch das Gitarrespielen beibringen lassen.
Dann ist der Abwasch erledigt, die erste Tochter
verabschiedet sich mit Mann, und dann werde ich von der anderen Tochter mit ihrem
Mann die 40 km wieder nach Seoul zurück chauffiert.
22
Uhr 30 bin ich wieder in meinem Domizil . Diese Strecke ist der Papa
bis vor 1 Jahr jeden Tag gefahren. Dann hat er sich mit 60
pensionieren lassen. Er ist wohl aber noch sehr aktiv an der
Universität und wo auch immer, ein Allroundgenie. Und er reist gerne
mit seiner Frau, daher haben Christiane und ich die beiden ja auch in
Krakau kennengelernt.
Die Mama
arbeitet noch als Lehrerin, was ich ungewöhnlich finde, nach all dem,
was ich über das Leben einer Frau hier in Korea erfahren habe. Es ist
hier völlig normal, als Frau nicht auswärts zu arbeiten, und die Männer
wollen das auch so. Auch mein Vermieter meinte: Nein, ich möchte nicht,
dass seine Frau arbeitet. Also, wenn alle mit der Lösung glücklich sind, warum nicht. Wer sagt schon, dass die Doppel- oder Mehrfachbelastung
der Frauen in Job und Familie der Himmel auf Erden ist.
Von den vielen Eindrücken bin ich ganz angefüllt, dass ich lange nicht einschlafen kann. Es flattert in meinem Kopf.
Komisch, die ganz alten -Fotos sind noch da!
AntwortenLöschenH.