Samstag, 31. August 2013

die Familie und mein Tag

Pünktlich um 11:00 Uhr werde ich abgeholt.
Mit dem  großen neuen Hyundai Genesis des Schwiegersohnes werden wir durch Seoul, die Vororte und durchs Umland kutschiert. Man bemerkt eigentlich nicht, dass man Seoul verlassen hat. Das Stadtbild ist immer ähnlich. Hochhäuser, breite Strassen , Brücken. Wir: das sind der Papa, den ich in Krakau kennengelernt habe, seine Tochter und der Schwiegersohn.
Nach etwa 90- minütiger Fahrt treffen wir in einem Lokal ein, wo offenbar ein Tisch vorbestellt ist. Ich werde gefragt, ob ich auf einem Stuhl oder auf dem Boden sitzen möchte. In Anbetracht meiner Knochen habe ich auf das traditionelle Sitzen verzichtet.
Wir sitzen noch nicht richtig, da geht es auch schon los mit den vielen Gängen. Ich habe vergessen , zu zählen, wie oft neue Schüsselchen angeschleppt wurden.







Begonnen wird mit einer sehr leckeren dunkelgrauen Sesamsuppe ( winzige Menge in cremiger Konsistenz, sehr lecker !).
Danach kommt so alles auf den Tisch, was die koreanische Küche zu bieten hat. Man kann wohl fast aus jedem Bestandteil ein ganzes Essen bereiten, dies war aber ein Überblick über das ganze Spektrum.
Es gibt mehrere Sorten von rohem Fisch, Qualle, Krake, gebratene Fischsorten, Rindfleisch, Schweinefleisch, diverse Gemüsesorten, Salat, Glasnudeln, Algen und so weiter.
Ich kann das Essen gar nicht genug loben, und die Familie ist glücklich, dass ich alles esse und nicht herumstochere, wie es neulich andere ausländische Freunde getan hätten, die lieber bei ihrer heimischen Küche geblieben wären.
Ganz zum Schluss gibt es Reis in traditionellen Töpfchen mit Holzdeckel. 



Sobald man eine ordentliche Portion genommen hat, wird aus einer silbrigen Kanne heißes Wasser in den Topf gegossen, damit sich der restliche Reis von den Wänden und vom Boden löst. Dieser wird, nachdem man sein Reisschälchen geleert hat, abgeschabt und das Ganze wird mit einer Kelle dann wieder ins individuelle Reisschüsselchen gefüllt und ausgelöffelt. Seinen Ursprung hat diese Zeremonie wohl in Zeiten, in denen kein Reiskorn verschwendet werden sollte, das im Topf zurückbleiben könnte.

Zum Nachtisch gibt es ein ganz kleines bisschen was zum Löffeln. Es ähnelt in Farbe und Geschmack einer nicht fest gewordenen roten Götterspeise, schmeckt aber nicht nach künstlicher Farbe .

Zum Essen gibt es das normale Wasser, was immer auf dem Tisch erscheint, sobald man sitzt.
Der Mund ist noch nicht ganz abgewischt, da wird schon aufgestanden und Papa bezahlt. Im Gang vor der Tür kann man sich dann einen kleinen Kaffee im Pappbecher aus einem Automaten gratis ziehen.

Nun fahren wir auf kurzem Weg zum Korean Folk Village, das in etwa einem großen Freilichtmuseum bei uns entspricht.



Der Papa hat an seine Kamera ein Stativ montiert, und ich glaube, ich bin noch nie im Leben so oft fotografiert worden, wie an diesem Tag. Er ist ein sehr humorvoller Mann, der auch optimale schauspielerische Qualitäten aufweist. So gibt er wirklich sein Bestes, als er seinem Kopf in ein Folterinstrument legt. Natürlich müssen seine Tochter und ich auch dran glauben..




Ich bin positiv überrascht, wie groß die Anlage ist. Man könnte sicher den ganzen Tag hier zubringen und hat noch immer nicht alles gesehen. 


Man hat viele alte Häuser zusammengetragen, wieder aufgebaut, und diverse Handwerker führen ihre Handwerkskunst vor. Auf dem Foto oben sieht man alte Kimchitöpfe. Sie erinnern mich ein ganz klein wenig an die Steinguttöpfe, in denen meine Grossmutter Sauerkraut einlegte.

Eine traditionelle Hochzeitsfeier wird gezeigt.




Die Wege sind breit, die Anlage weitläufig. In kleinen Teehäuschen haben sich Familien zum Picknick niedergelassen oder halten Mittagsschlaf.


Mittlerweile ist es 18 Uhr. Nun wartet die Mama mit dem Essen. Wir fahren etwa 40 Minuten, sind dann im Südosten, außerhalb von Seoul.

Wir biegen um ein paar Ecken in Guangju, und schon sind wir umzingelt von etwa 30- stöckigen Höchhäusern. Wir brauchen aber keinen Fahrstuhl, denn die Familie hat eine große 5 Zimmerwohnung im Hochparterre.
Die Begrüßung ist sehr herzlich, auch die 2. Tochter mit Ehemann ist da, und es dauert nicht lange, da essen wir wieder. 
Vorher hat der Papa noch ein Ständchen auf der Gitarre gegeben, und die restlichen Familienmitglieder huschen zwischen Küche und Tisch hin und her.
Nun gibt es noch ein kleines Drama .
 Im Aquarium  hatte es neulich Junge gegeben. Alle, bis auf eins, waren von den größeren Fischen gefressen worden. Dieser letzte Überlebende hatte sich nun hinter dem Belüftungsschlauch eingeklemmt und war gestorben. Der Papa war ein paar Minuten lang echt erschüttert. Dann geht aber alles wieder seinen Gang.
Das Essen sei nicht so üppig wie sonst üblich bei Gästen, hat man sich entschuldigt, weil wir ja schon so große Mengen verspeist hätten. Stimmt, darüber war ich sehr froh ! Es ist aber natürlich immer noch reichlich ! Von Reis bis Sesamsuppe, Algen, eingelegten Köstlichkeiten ist eigentlich alles dabei . 
Auch hier geht es mit dem Essen flott voran. Zuerst der Reis mit Algen, Nudeln und einer speziellen Würzsosse, die man löffelchenweise darüber geben soll, und dann wird heftigst mit den Stäbchen gegraben, d.h. immer wieder umgerührt und nachgelöffelt.
Am Schluss gibt es superdicke, leckere Weintrauben und ein allgemeines Erstaunen darüber, dass ich sowohl die Schale, als auch die Kerne mitesse. Mein Hinweis auf die gesunden Inhaltsstoffe gerade der roten Trauben unter und in der Schale hat beim einen Schwiegersohn ein sofortiges Umdenken und Handeln bewirkt.

Nach dem Essen wird aufgesprungen, und ich werde auf einem Stuhl in der Ecke abgestellt, als Zuschauer. Das Wohnzimmer wird umgeräumt. Die Couch muss in eine andere Ecke, weil das Klavier mit vereinten Kräften aus einem der Zimmer angerollt wird. 
Nachdem alle einigermaßen zufrieden mit dem Ergebnis sind, geht es zum gemütlichen Teil über. 
Die Mutter ist mit der einen Tochter, die als Tänzerin für traditionellen Tanz arbeitet, in der Küche. Sie bewegen das Geschirr.
Die andere Tochter setzt sich ans Klavier und legt los. Auch sie hat eine künstlerische Ader und hat ein Kinderbuch illustriert, wozu die Mutter den Text geschrieben hat.
Der junge Ehemann und der Vater gesellen sich mit 2 Gitarren dazu, und nun lässt sich auch der 2. Schwiegersohn nicht lumpen. Sie singen und spielen Kirchenlieder und Anderes. Dabei haben sie einen riesigen Spass, und es ist eine echte Freude, dabei zu sein. So eine harmonisch miteinander umgehende, sympathische Familie habe ich lange nicht getroffen. 


Papa spielt wohl am liebsten Mundharmonika, hat aber sich vom Schwiegersohn sich nun auch das Gitarrespielen beibringen lassen.


Dann ist der Abwasch erledigt, die erste Tochter verabschiedet sich mit Mann, und dann werde ich von der anderen Tochter mit ihrem Mann die 40 km wieder nach Seoul zurück chauffiert. 
22 Uhr 30 bin ich wieder in meinem Domizil . Diese Strecke ist der Papa bis vor 1 Jahr jeden Tag gefahren. Dann hat er sich mit 60 pensionieren lassen. Er ist wohl aber noch sehr aktiv an der Universität und wo auch immer, ein Allroundgenie. Und er reist gerne mit seiner Frau, daher haben Christiane und ich die beiden ja auch in Krakau kennengelernt.

Die Mama arbeitet noch als Lehrerin, was ich ungewöhnlich finde, nach all dem, was ich über das Leben einer Frau hier in Korea erfahren habe. Es ist hier völlig normal, als Frau nicht auswärts zu arbeiten, und die Männer wollen das auch so. Auch mein Vermieter  meinte: Nein, ich möchte nicht, dass seine Frau arbeitet. Also, wenn alle mit der Lösung glücklich sind, warum nicht. Wer sagt schon, dass die Doppel- oder Mehrfachbelastung der Frauen in Job und Familie der Himmel auf Erden ist. 

Von den vielen Eindrücken bin  ich ganz angefüllt, dass ich lange nicht einschlafen kann. Es flattert in meinem Kopf.








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